Philosophie

Sun Tsu - Die Kunst des Krieges

Sun Tsu sagt, dass jede Kriegshandlung für den Staat von größter Bedeutung sei. Ebenso kann kein Go-Spieler, der vergleichsweise auf dem Goban ein Staatsgebiet errichtet, Kampfhandlungen des Gegners vernachlässigen. Bei der Beurteilung der Lage empfiehlt Meister Sun fünf Faktoren zu prüfen, von denen einige durchaus für Go relevant sind.

Der Weg: Alle Go-Steine sind mit dem Spieler verschworen. Sie sorgen sich nicht um ihr überleben, sondern teilen ein gemeinsames Ziel.

Das Wetter: Sicherlich sind Go-Spiele zumeist unabhängig von der Witterung, darum übertrage ich diesen Faktor. Stelle sicher, dass nichts vom Spiel ablenkt. Die Temperatur sollte angenehm sein. Geräusche von außen oder innen dürfen nicht ablenken. Kurz gesagt: Es muss eine äußere Grundlage für innere Konzentration geschaffen sein.

Das Gelände: Das Goban hält verschiedene Gebiete bereit: Ecke, Rand und Zentrum sowie deren Übergänge. Jede Brettlage und sei es nur eine Linie Unterschied, hat ihre Besonderheiten. Natürlich ist auch der UNterschied der Brettgrößen von Bedeutung (9, 13 und 19).

Die Führung: Es geht hierbei nicht darum die eigenen Steine zu moralisiern. Für die Steine ist der Spieler bereits der ideale Feldherr. Intelligenz wird allerdings auch von Sun Tsu als Führungsqualität angeführt.

Die Disziplin: Da alle Steine der Uniform nach zumindest gleich sind und auch immer Folge leisten, ist der einzige, der zu disziplinieren ist, der Go-Spieler selbst.

Jede militärische Operation beinhalte Täuschung. Dieses Prinzip wird jeder Go-Spieler erleben. Zum Beispiel: Ein scheinbarer Angriff verwandelt sich schnell in eine starke Mauer, während man versucht sich zu verteidigen. Die entstandene Mauer unterbindet den eigenen Einfluss in das nun abgeschnittene Gebiet. Fazit: Der feindliche Angriff sollte nur davon ablenken die eigenen Expansionsbestrebungen umzusetzen.

Benutze die Neigungen, den Charakter und Emotionen des Gegners als Waffe gegen diesen. Weiss man, dass der Gegner leicht mit der Aussicht auf Gefangene zu locken ist, so täusche ihn mit einer scheinbar schwachen Stellung. In Wahrheit bringt man seinen Gegner während der Jagd dazu ungünstige Züge zu machen. Ein einfaches Beispiel ist eine falsche Treppe.

Man solle den Gegner angreifen, wenn dieser gerade unvorbereitet ist. Beim Go könnte dies so umgesetzt werden, indem man die vielen Lücken gerade am Beginn des Spiels nutzt. Sehr gut macht es sich anzugreifen, wenn die Gegenseite mehrere Deckungszüge zwingend durchführen muss. Somit kann man lange die Führung behalten.

Strategische Vorteile aus der Lage von Gruppen entstehen erst im Verlauf des Spiels. Je besser man das ganze Brett zu Beginn des Spiels in sein Konzept einfließen lässt, desto kontrollierter wird das Mittel- und damit das Endspiel verlaufen.

Man sollte beim Go nicht vergessen, dass ein halber oder ein einzelner Punkt schon reicht, um das Spiel zu gewinnen. Aus dieser Überlegung heraus braucht man in allen Spielphasen nur 50% der des jeweiligen Maximums erreichen. Gleichzeitig darf man in keiner Phase des Spiels die Zügel schleifen lassen, weil das Aufholen verlorener Punkte offensive und damit auch riskante Gegenattacken erfordert.

In der Praxis braucht man allerdings sehr viel Erfahrung, damit solch ein ausgewogenes Spiel kontrolliert zustande kommt. Das Einschätzen und Zählen von Punkten im Verlauf des Spiels und die Fähigkeit mehrere Varianten über mehrere Züge im Voraus zu durchdenken sind dabei unerlässlich.

Sun Tsu warnt vor langen Kämpfen. Historische Beispiele wie der Grabenkrieg im Ersten Weltkrieg sind hier zu nennen. Das Go-Spiel hat durch seine Eigenheit, dass nur gesetzt, aber nicht verschoben wird, eine ganz eigene Interpretationsmöglichkeit für diesen Ratschlag.

Setzt man eine Weile Steine nur in eine Region des Brettes, so entsteht durch diese lokale Konzentration ein Gefälle zu überregionalen Gebieten. Dies macht sich besonders in frühen Spielphasen bemerkbar. Während in einer Ecke ein Gefecht lange ausgespielt wird, bleiben alle übrigen Ränder und Ecken unberühert. Um diese vielen mit geringem Aufwand erschlossenen Gebietspunkte nicht an den Gegner zu verlieren, sollte man sich überlegen wie viele Punkte im Vergleich ein weiterer Stein im bisherigen Aktionsgebiet einbringt.

Gründe für langes Verweilen an einer Stelle kann bedeuten, dass der Gegner oder man selbst eine zu schlechte Verteidigung hat. Im ersten Fall sollten die möglichen überregionalen Gebietspunkte gegen die (langfristige) strategische Ausbeute abgewogen werden. Letzteres sollte man natürlich vorher schon vermeiden.